CV ENGLISH Leo Katunarić Kadele is a Croatian visual artist, theatre director, and theorist whose work moves fluidly across the fields of visual art, performance, and media theory. Educated as a theatre director at the Academy of Dramatic Art in Zagreb, he has developed a multidisciplinary practice that spans painting, performance, installation, and critical writing. His projects frequently address the convergence of technological systems, spiritual frameworks, and the post-human condition. Kadele’s installations and performances often take the form of conceptual environments—altars, temples, or sanctuaries—where digital, human, and ritualistic elements collide. He is particularly noted for his long-term exploration of "post-techno liturgies," ritual-based performances structured around machine-human interactions. These works feature hybrid figures, real-time data, and objects like 3D-printed godheads, forming a speculative vision of belief systems in the digital age. A recurring element in Kadele’s work is the figure of the post-shaman: an avatar through which he questions identity, authorship, and spiritual agency. Alternating between corporate attire and post-industrial detritus, the artist himself becomes a medium for exploring how ritual, performance, and aesthetics can respond to algorithmic alienation and technological control. Kadele has realized numerous projects worldwide, with exhibitions and performances in Japan, China, India, South Korea, Colombia, the United States, Germany, Greece, and across the Balkans. His practice is also deeply embedded in cultural production and research. He is the founder of KantunArt and MaxArtFest, platforms for experimental and interdisciplinary arts, and has held leadership roles at the Zagreb Youth Theatre (ZKM). As a theorist, Kadele is the author of several publications, including Artistic Performance in the Digital Culture (2022), Medea95 (2000), and The Return of Europe, a Cow (2007). He holds a PhD in contemporary digital performance dramaturgy from the University of Zagreb.
CV DEUTSCH Leo Katunarić KADELE (Split 1965), interdisziplinär arbeitender Künstler, Maler und Regisseur; Studium an der Akademie für Schauspielkunst (The Academy of Dramatic Art) Zagreb, lebt und arbeitet in Zagreb. Ausstellungen, Filme und weitere Arbeiten von Leo Katunarić KADELE werden weltweit gezeigt. Der Künstler befasst sich insbesondere mit den Beziehungen zwischen zeitgenössischer Kunst, digitaler Kultur und virtueller Realität. Er kombiniert Malerei mit Filmkunst, Texten und Performances, um die Ungewissheit und Instabilität der Vorstellungen von Realität zu dokumentieren und zu verdeutlichen. https://www.bkge.de/projekte/immanuel-kant-in-werken-der-modernen-kunst Werk „Immanuel Kant on Facebook", 2007, Acryl auf Leinwand, 400 x 220 cm Interpretationshinweise: Gibt es im digitalen Zeitalter noch Philosophie? Existiert eine „digitale Philosophie"? Solche Fragen stehen im Fokus des aus mehreren Performances bestehenden Projekts „Immanuel Kant on Facebook". In einer Mitteilung vom November 2019 an den Autor berichtete Leo Katunarić KADELE ausführlich über das Projekt und dessen Hintergrund: "Immanuel Kant on Facebook" ist ein Knotenpunkt in der digitalen Performance eines Projekts, das 2007 in einem physischen, also nicht-digitalen, Raum begann. Es war damals die Zeit, in der die globale Dominanz der digitalen Kultur und der digitalen sozialen Netzwerke sowie die Schaffung des Web 2.0-Paradigmas einsetzte. Zu sehen ist die Reproduktion eines zweidimensionalen Bildes, das als Ergebnis des siebentägigen, rund um die Uhr stattfindenden Aufenthalts des Künstlers in der VN-Galerie (Galerija knjižnice „Vladimir Nazor") in Zagreb im Jahr 2007 entstanden ist („Seven days and nights living in the VN Gallery Zagreb", „Project Outcast – Kants Facebook", 23.–30.03.2007; Gesamtdauer des Programms 19.–31.03.2007). Damals machte der Künstler die gesamte Galerie, sich selbst eingeschlossen, zu einer Art Kunst-Produktionsmaschine. Er verwandelte die Galerie in einen Lebensraum, der durch seine physische Materialität das Arbeitsprinzip von Computern und sozialen Netzwerken und die durch sie entstehende künstlerische und kulturelle Produktion imitierte. An einem zentralen Wandbild malte der Künstler jeden Tag „Immanuel Kants Facebook-Seite" weiter, um die Ergebnisse der täglichen Konflikte und Diskussionen mit dem anwesenden Publikum und mit den digitalen Communities wie in einem Tagebuch festzuhalten. Diese Konflikte wurden somit von der ‚Kunstmaschine', die aus Einzelteilen – einem lebendigen Künstler und aus unterschiedlichen anorganischen Teilen – bestand, und die von einer speziellen (imaginären) „Immanuel Kant-Software" gesteuert wurde, in rudimentäre visuelle und textuelle Aufzeichnungen übersetzt. Durch diesen Weg zu einer zeitgenössischen Ästhetik sollten die Spannungen zwischen menschlicher Materialität und maschinellem Algorithmus miteinander konfrontiert werden: „Ich habe dieses Stück als Reaktion auf die heftige Diskussion darüber gemalt, ob es im digitalen Zeitalter Philosophie gibt". (Leo Katunarić KADELE) Während der sieben Tage und Nächte, die das Projekt dauerte, entwickelte sich der Künstler zu einem Koordinator maschineller Formen, um für das Publikum eine Form von akzeptabler Schönheit zu schaffen. Ferner gab es verschiedene weitere Immanuel-Kant-‚events'. So wurden etwa Textauszüge aus Immanuel Kants „Kritik der Urteilskraft" in kroatischer Übersetzung als Grundlage für Parodien verwendet: Zum Beispiel spielte ein Volksmusiker Texte von Kant auf einem im Balkan traditionellen Instrument („Ethnofassung") und ein anderer Künstler gestaltete ein Wandgraffito „IMMANUEL KANT - Kritik der Urteilskraft". Der Dirigent Tonči Bilić und der Künstler Leo Katunarić KADELE schufen gemeinsam eine fünfminütige Oper „Kritik der Urteilskraft", die von Gesangssolisten mit dem Chor des kroatischen Rundfunks (The Croation Radio TV Choir) aufgeführt wurde. Der Operntext wurde u. a. auch in einer HipHop-Fassung und in einer Rapversion produziert und aufgeführt. Das Projekt erfuhr in digitaler Form, aber auch in der physischen Realität eine Fortsetzung. Zum Beispiel wurden die Vorhaben, die Leo Katunarić KADELE in den folgenden Jahren im Museum für zeitgenössische Kunst (Museo de Arte Moderno) von Bogota (2008) oder beim „Sarajevo Mess Festival" durchführte, unmittelbar von den Prinzipien inspiriert, die im Rahmen des Projekts „Immanuel Kant on Facebook" entwickelt wurden, auch wenn Immanuel Kant nun nicht mehr explizit erwähnt wurde.




